Was sind somatische Übungen?
Der Begriff „somatisch“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „den Körper betreffend“. Somatische Übungen sind spezielle Bewegungspraktiken, die den Fokus auf die Wahrnehmung des Körpers und die Verbindung zwischen Körper und Geist legen. Der Hauptaspekt somatischer Übungen besteht darin, das eigene Körpergefühl und die Körperwahrnehmung zu schulen. Sie beinhalten langsame, achtsame Bewegungen, die Verspannungen und vor allem emotionale Blockaden lösen können.
Sie zielen darauf ab, das Bewusstsein für den eigenen Körper zu fördern und die Bewegungsfähigkeit zu verbessern, indem sie auf der natürlichen Intelligenz des Körpers basieren. Oft sind sie sehr sanft und beinhalten sowohl aktive als auch passive Bewegungen, die es dem Körper ermöglichen, sich selbst zu regulieren und zu heilen.
Wirkungsweise somatischer Übungen
Muskelverspannungen lösen:
Eine der häufigsten Anwendungen somatischer Übungen ist die Lösung von Muskelverspannungen. Durch langsame, gezielte Bewegungen können Spannungen im Körper abgebaut werden, die sich durch stressige Lebensbedingungen oder unbewusste Körperhaltungen (z. B. bei sitzender Tätigkeit) aufgebaut haben.
Faszien und Bindegewebe aktivieren:
Faszien sind das Bindegewebe, das Muskeln, Organe und andere Strukturen im Körper umhüllt. Somatische Übungen aktivieren die Faszien, was zu besserer Flexibilität und Beweglichkeit führt und das Bindegewebe elastischer und geschmeidiger macht.
Atmung und Kreislaufsystem fördern:
Viele somatische Übungen beinhalten Atemtechniken, die den Blutdruck senken und die Durchblutung verbessern können. Eine tiefere, bewusstere Atmung fördert die Sauerstoffaufnahme und unterstützt die Entspannung.
Stressabbau und Entspannung:
Somatische Übungen aktivieren den Parasympathikus, was zu Stressabbau und Entspannung führt. Sie helfen dabei, die innere Ruhe wiederzufinden und das Nervensystem zu beruhigen.
Emotionale Blockaden lösen:
Viele psychische Belastungen und emotionale Blockaden manifestieren sich im Körper. Somatische Übungen helfen dabei, diese Blockaden zu erkennen und aufzulösen, indem sie das Körperbewusstsein stärken und eine tiefere Verbindung zu den eigenen Gefühlen und Empfindungen herstellen.
Steigerung des Selbstbewusstseins:
Durch die regelmäßige Praxis somatischer Übungen entsteht eine tiefere Verbindung zum eigenen Körper und den inneren Empfindungen. Dies kann das Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl stärken.
Förderung von Achtsamkeit:
Somatische Übungen fördern die Fähigkeit, im Moment präsent zu sein, was die Achtsamkeit verbessert.
Linderung negativer Gefühle:
Durch die Förderung von Entspannung und Achtsamkeit können somatische Übungen Ängste abbauen und depressive Verstimmungen lindern. Der Fokus auf den Körper und die Atmung hilft dabei, sich von belastenden Gedanken zu lösen und ein Gefühl der Kontrolle zurückzugewinnen.
Feldenkrais-Methode:
Diese Methode konzentriert sich auf die Wiederherstellung von Bewegungsmustern und die Verbesserung der Körperwahrnehmung.
Alexander-Technik:
Die Alexander-Technik hilft dabei, die Körperhaltung zu verbessern und Bewegungsgewohnheiten zu verändern, um Belastungen zu vermeiden.
Somatic Experiencing (SE):
Eine traumafokussierte Methode, die sich auf die Verarbeitung von Stress und Trauma durch Körperwahrnehmung konzentriert. SE wurde in den 1990er Jahren von Peter Levine, einem Psychologen und Traumaforscher, entwickelt.
Somatic Experiencing ist eine körperorientierte Therapie, die darauf abzielt, die Auswirkungen von Trauma und stressbedingten Erfahrungen zu verarbeiten und zu heilen. Die Methode basiert auf der Erkenntnis, dass Trauma nicht nur im Geist, sondern auch im Körper gespeichert wird.
Trauma im Körper:
Traumatische Erlebnisse hinterlassen oft „körperliche Eindrücke“, die zu körperlichen und emotionalen Symptomen führen können. SE hilft dabei, diese Blockaden zu erkennen und aufzulösen.
Körperliche Wahrnehmung (Somatische Wahrnehmung):
Der Ansatz betont die Wahrnehmung körperlicher Empfindungen wie Anspannung, Zittern oder Herzklopfen. In einer SE-Sitzung wird der Klient angeleitet, diese Empfindungen achtsam wahrzunehmen, ohne sich dabei zu überfordern.
Titration und Pendeln:
Titration bedeutet, traumatische Erinnerungen in kleinen, kontrollierbaren Schritten zu verarbeiten. Pendeln bezeichnet den Wechsel zwischen belastenden Empfindungen und einem sicheren Zustand.
Regulation des Nervensystems:
Somatic Experiencing hilft, das autonome Nervensystem zu regulieren und die „eingefrorenen“ Stressreaktionen aufzulösen.
Resilienz und Heilung:
Durch die Integration körperlicher Empfindungen entwickelt der Klient mehr Resilienz und Selbstregulationsfähigkeit.
Somatic Experiencing in der Praxis
Die Sitzungen sind individuell gestaltet, da die Erfahrungen jedes Menschen einzigartig sind. Der Therapeut begleitet den Klienten dabei, körperliche Empfindungen bewusst wahrzunehmen und gespeicherte Energie schonend zu entladen. SE kann besonders hilfreich bei der Behandlung von PTBS, chronischen Schmerzen und Angststörungen sein.
Übungen für den Alltag
Somatische Übungen sind unkompliziert und lassen sich leicht in den Alltag integrieren. Hier einige Beispiele:
- Body-Scan-Übungen: Den Körper von den Füßen bis zum Kopf bewusst wahrnehmen und Verspannungen erkennen.
- Sanfte Dehnübungen: Langsame, fließende Bewegungen mit Fokus auf die Atmung.
- Achtsame Atemübungen: Tiefe, bewusste Atemzüge zur Beruhigung des Nervensystems.
- Faszienübungen: Mit einer Faszienrolle sanft Verspannungen lösen.
Auf YouTube findest du viele Videos mit Übungen, die du einfach in deinen Alltag integrieren kannst.